Städte und Gemeinden geben der Bundeswehr die Namen und Adressen von jungen Menschen, die demnächst volljährig werden. Diese schickt dann an diese Adressen Werbe- und Informationsmaterial zum Dienst in der Bundeswehr.
Dies geschieht aufgrund von § 58c des Soldatengesetzes
(bis April 2013 war es § 58 des Wehrpflichtgesetzes) Übermittelt werden jeweils bis zum 31. März die Daten zu Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im Jahr darauf volljährig werden. Der Zwang zum Kriegsdienst ist zwar ausgesetzt, so dass junge Männer deutscher Staatsangehörigkeit seit 2011 nicht mehr zwangsweise gemustert, einberufen und einer Gewissensprüfung unterworfen werden. Ausgesetzt heißt aber nicht abgeschafft. Der Zwang tritt im Spannungs- und Verteidigungsfall automatisch wieder in Kraft.
Alle Männer sind gemäß § 1 Wehrpflichtgesetz ab dem 18. Lebensjahr wehrpflichtig.
Neu ist, dass auch die Daten weiblicher Jugendlicher erfasst und der Bundeswehr übermittelt werden, um zu versuchen, sie für den Kriegsdienst anzuwerben.
TIPP: Allerdings ist es möglich, dieser Datenübermittlung an die Bundeswehr rechtzeitig zu widersprechen oder die Löschung der Daten zu verlangen - und damit ein Zeichen gegen Krieg und für Frieden zu setzen.
Jugendliche können der Datenweitergabe durch die Meldebehörden an die Bundeswehr widersprechen. Dies ist in §58c Abs.1 S.2 § Soldatengesetz und 36 Absatz 2 des Bundesmeldegesetzes festgelegt. Dort heiß est:
Eine Datenübermittlung nach § 58c Absatz 1 Satz 1 des Soldatengesetzes ist nur zulässig, soweit die betroffene Person nicht widersprochen habt. Die betroffene Person ist auf ihr Widerspruchsrecht bei der Anmeldung und im Oktober eines jeden Jahres durch ortsübliche Bekanntmachung hinzuweisen.
So könnte ein Brief an die örtliche Meldebehörde aussehen:
Hans/Hannah Mustermann
An die Stadt Musterstadt
Meldebehörde/Bürgerdienste/Bürgeramt/Rathaus
Meldestelle
12345 Musterstadt Datum: xx.xx .201_
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beantrage gemäß § 58c Abs. 1 Soldatengesetz eine Verhinderung der Datenübermittlung an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr für meine Person. Ich bitte um eine schriftliche Bestätigung.
Ich möchte keine Informationen oder Werbematerial für das Militärs erhalten und möchte auch sichergehen, dass die Bundeswehr nicht in den Besitz meiner Daten gelangt.
Mit freundlichen Grüßen
Hans/Hannah Mustermann
Beispielstr. 11
12345 Musterstadt
geb. xy.xy.xyxy in X-Stadt
Falls die Meldebehörde die Daten schon weitergeben hat, kann der/die Betroffene vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr nach § 58c Abs. 3 Soldatengesetz die Löschung der Daten verlangen. Auch hierzu ein Musterbrief:
Hannah Mustermann
Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr
Militärringstr. 1000
50737 Köln
Datum: XX . XX.201_
Löschung meiner Daten
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit verlange ich die unverzügliche Löschung meiner personenbezogenen Daten entsprechend § 58c Absatz 3 Soldatengesetz.
Ich bitte um eine schriftliche Bestätigung der erfolgten Löschung.
Mit freundlichen Grüßen
Hans/Hannah Mustermann
Beispielstr. 11
12345 Musterstadt
geb. xy.xy.xyxy in X-Stadt
Wir fordern:
Mit dem Widerspruch können Jugendliche ein Zeichen gegen Krieg und für Frieden setzen. Der individuelle Widerspruch auf dem Postweg ist schon ein erster Schritt. Allerdings wird er von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen.
Wer mit seinem oder ihren Widerspruch etwas bewirken und deutlich machen will, dass er oder sie für Krieg und Kriegsdienst nicht zur Verfügung steht, könnte dies in einer öffentlichen Aktion machen. Statt die Widersprüche mit der Post zu schicken, könnten die widersprechenden Jugendlichen die Schreiben gemeinsam persönlich in der zuständigen Behörde abgeben und dies mit einer öffentlichkeitswirksamen Kundgebung vor dem jeweiligen Gebäude verbinden. Das könnten sowohl diejenigen tun, deren 18. Geburtstag bevorsteht, als auch diejenigen, die nachträglich die Löschung ihrer Daten bei der Bundeswehr verlangen.
Daraus könnte eine jährlich wiederkehrende bundesweit koordinierte Aktion gemacht werden, als regelmäßiger Termin im Aktionskalender der Friedensbewegung und von Jugendorganisationen. Als Zeitraum bietet sich der Monat März an.
Damit würde nicht nur den Rekrutierungsbemühungen der Bundeswehr etwas entgegengesetzt. Es würde auch allgemein das gesellschaftliche Bewusstsein dafür geschärft, dass es wichtig ist, nicht nur für Frieden zu sein, sondern sich auch persönlich dem Krieg und jeder Art von Kriegsdienst und Kriegsunterstützung zu verweigern - auch dann wenn es nicht um Zwangsrekrutierung zum Kriegsdienst geht, sondern nur um die vergleichsweise geringfügigere Datenweitergabe ans Militär.
In einer Zeit, in der Bundesregierung und Bundeswehr sich in immer neue Kriege hineinstürzen, ist ein solches Zeichen dringend nötig.
Wir bitten alle die einen individuellen Widerspruch erheben uns ihre Infos mitzuteilen. Die IDK, die Internationale Liga für Menschenrechte und die DFG-VK LV Hessen wollen persönliche Widersprüche öffentlichkeitswirksam unterstützen.
Unsere politische Forderung ist der sofortige Stopp der Weitergabe von Personendaten Jugendlicher an die Bundeswehr. Stopp der Kriegsplanung. Keine Erfassung von Personendaten.
Können Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtige Widerspruch einlegen?
Ja, gegen die Weitergabe von Daten an die Bundeswehr können Eltern bzw. gesetzliche Vertreter für minderjährige Jugendliche den Widerspruch einlegen – wir empfehle gemeinsam mit dem/der Minderjährigen bzw. mit dessen/deren Zustimmung vorzugehen, die Briefe an die Behörde gemeinsam zu unterschreiben. Es ist sinnvoll Bestätigungsschreiben anzufordern.
»Die Bundeswehr rekrutiert bereits Minderjährige«
Interview: Gitta Düperthal, veröffentlich in der Tageszeitung "Junge Welt" 24. März 2016